Über Mittelitalien tobt ein Zyklon-Sturm. Wir hatten 2 Tage vor Kalabrien Stürme mit Böen bis zu 70 km pro Stunde, die wir im gut geschützten Hafen glücklicherweise aber kaum bemerkten.

Wir träumten schon lange davon, einmal mit dem eigenen Schiff nach Griechenland zu segeln. Mir wurde schon auf der Höhe von Gibraltar klar, dass Griechenland auf meiner Bucket Liste ziemlich weit oben stand.

Heute morgen war es dann soweit. Ab 1 Uhr lies der Sturm wie erwartet nach. Die Wellen allerdings nicht! Um 3 Uhr früh hieß es “Leinen los” in Italien, Kalabrien, Le Castella mit dem Ziel: Korfu, Griechenland. 135 Seemeilen bei 17-25 Knoten Wind aus SSW. Besonders heftig sind die hohen Wellen. Mein Mann war in seinem Element, aber ich bin eben ein oller Angsthase ….. Zumindest wenn eine steife Brise weht, habe ich bei ab ca.18 Knoten einfach Respekt, weil ich weiß welche Urgewalten bei starkem Wind auf so eine Yacht wirken.

Was den Anblick der See angeht, kenne ich zwei Kategorien von Menschen: Solche, die sagen: „Langweilig. Da passiert ja nix.“ Und solche, für die das wie Kino ist. Ich gehöre zur letzteren Sorte. Die erste, die mich darauf aufmerksam machte, war Gudrun Caligaro, deutsche Einhandseglerin, die mit nur viermal anlegen auf einem 28 Fuß-Boot die Welt umrundete. In ihrem phantastischen Buch „Ein Traum wird wahr“ schwärmt sie viele Seiten vom Anblick des Meeres. Sie hatte ihn auf ihrer längsten Etappe mehrere Monate. Tatsächlich ist das Meer ganz großes Kino. Ein Anblick, der nichts mehr vermissen läßt. Es ist, als ob eine innere Taste gedrückt wird auf: „Komplett entspannen.“ Ich muss kein Buch mehr lesen, keinen Film mehr sehen, keine Teile mehr für’s Boot kaufen, mit nichts Unnützem die Zeit vertun. „Komplett entspannen.“ Einfach den Wellen zusehen.

Die meisten Menschen sind sehr glücklich, wenn ihr Leben gleichförmig verläuft. Wenn sie nachts auf ihrem eigenen Kopfkissen liegen, der Cappuccino am Morgen die immer gleiche Konsistenz hat, der Rasen pünktlich gemäht wird und im Kühlschrank die immer gleiche Sorte Mozzarella liegt. Ich hingegen war stets eine Freundin von neuen Zielen. Aber wenn ich morgens um vier bei Regen in München ein Drive Now Car suche, um zum Flughafen zu fahren und weitere 10 Stunden zum Schiff, frage ich mich schon, ob mir etwas weniger Abenteuerlust und etwas mehr Gleichförmigkeit nicht ganz gut täten. Aber nach 2 Tagen auf dem Schiff kann ich immer wieder sagen: Mut lohnt sich eben doch.

Glück lässt sich meiner Meinung nach in zwei Kategorien einteilen: das große und das kleine Glück. Das große Glück ist, dass ich eine wundervolle Familie habe und noch alle einigermaßen gesund sind. Das kleine Glück sind die guten Momente des Lebens. Die beste Granita der Welt zu finden. Um 6 Uhr morgens durch Capri zu joggen. Ohne festes Ziel durch Palermo zu schlendern. Ein gutes Glas Wein bei Sonnenuntergang an Deck. Den ersten Schritt von Bord auf ein neues Land.

Und immer wieder aufs Meer schauen, die Angst zu spüren und sich trotzdem trauen. Uns begleiten Delphine bis wir Griechenland am Horizont erkennen. Juhu.

“If you want to go fast, go alone. If you want to go far, go together.”